Die Ende der 1960er Jahre in England gegründete Gruppe Art & Language ist einer der Hauptakteure der Conceptual Art. Nach einer internationalen Expansion in den 1970er Jahren, an der zahlreiche Künstler:innen wie Sarah Charlesworth und Ian Burn beteiligt waren, setzt sich die Gruppe seit nunmehr 40 Jahren hauptsächlich aus Michael Baldwin und Mel Ramsden zusammen.
Die Geschichte von Art & Language ist auch eng mit der Geschichte der documenta selbst verbunden. Im Jahr 1972 stellen die Künstler ihren ersten Index aus, ein faszinierender Versuch, ein fortlaufendes kollektives Gespräch zu kartieren. Zehn Jahre später bot ihnen die documenta 7 die Gelegenheit, mit der Ausstellung von zwei gewaltigen Gemälden, die ihr Atelier abbilden, eine große Veränderung ihrer Praxis zu präsentieren. Aber, wie sie schrieben, verließen die Künstler die Ausstellung mit einem bitteren „Souvenir“ (Art & Language: A Souvenir of Documenta 7, in: Art Monthly, Nr. 60 (Oktober 1982), S. 3-5.). 1997 besetzten sie zwei Räume mit einer beeindruckenden Installation aus Hunderten von Leinwänden zwischen Malerei und Sprache. Im Jahr 2012 nahmen sie erneut an der documenta 13 teil, als Gäste in Dora Garcías Projekt „Klau Mich“. Jedes Mal wurde die Form des Werks radikal verändert. Jedes Mal blieb ihr kritischer und reflexiver Ansatz auf subtile Weise bestehen. Im Jahr 2022 besiegelt das auffällige Statement „A BAD PLACE“ eine neue Begegnung zwischen Art & Language und der documenta-Stadt.
Diese drei Worte haben bereits andere Austragungsorte in einen beschämenden Bann gezogen. Von London bis Berlin, von Basel bis Montsoreau ist dieses Etikett auf einem eleganten Plakat, einer wandfüllenden Zeichnung oder einer Tragetasche erschienen. Auf monumentalere Weise ist es auch mitten im Hof eines französischen Renaissanceschlosses erschienen, das die weltweit größte Sammlung von Werken von Art & Language beherbergt. In jüngster Zeit, kurz bevor es nach Kassel kam, wurde es zu einem großen rot-weißen Banner, der im Herzen von Paris, im Invalides / Musée de l’Armée, Paris, ausgestellt wurde. Inzwischen sind die drei Wörter mit einem Forschungsort verbunden, an dem sich die Mitglieder des documenta-Instituts mit der Geschichte des Ausstellens beschäftigen, unter anderem auch mit der „Ausstellbarkeit“ einer (scheinbar) entmaterialisierten Kunst, der Conceptual Art. Von Kunstgalerien über Museen und Privatsammlungen bis hin zur akademischen Welt setzt Art & Language mit einem eigenartigen Sinn für ernsten Humor seine kritischen Bemühungen fort, die sowohl die gastgebende Institution als auch ihr Publikum einbeziehen.
„A BAD PLACE“ ist kontrastreich und visuell aggressiv und fordert Betrachter:innen / Leser:innen direkt heraus: Warum ist es ein schlechter Ort? Wer hat das entschieden? Was ist das Schlechte an diesem Ort? Ist es Kassel, die Universität, das documenta-Institut, das Gebäude selbst? Bezieht es sich auf die Kunstwelt als schlechten Ort? Oder eher auf die Wissensökonomie, deren Teil die Universität ist? Wann und warum ist dieser Ort schlecht geworden? Benennt der Slogan tatsächlich das Gebäude? Sollte man hineingehen, protestieren oder einfach nur die Augen abwenden? Aber wo ist dann der gute Ort? Sobald es uns gelingt, uns von einer moralischen Lesart auf der ersten Ebene zu distanzieren, erkennen wir, dass die Konfrontation mit diesem Werk uns dazu bringt, eine untersuchende Position gegenüber dem Ort, aber auch unseren eigenen Überlegungen, Erwartungen und sogar Wünschen einzunehmen. Untrennbar mit dem Kontext seiner Präsentation verbunden, lädt uns „A BAD PLACE“ dazu ein, den Ort, an dem wir uns befinden, den wir täglich nutzen und den wir kollektiv erleben, in einem neuen – und kritischen – Licht zu sehen. In diesem Sinne ist „A BAD PLACE“ nicht nur ein schlechter Scherz oder ein künstlerisches Statement, sondern eine starke politische Botschaft. Wie Art & Language in einem kurzen Text in Form eines Dialogs zwischen Sarrasine und Zambinella, Figuren aus Honoré de Balzacs Roman Sarrasine (1830), schreiben: