Mit Harald Kimpel
Mit Blick auf die documenta ist Harald Kimpel Institution in Person. Der promovierte Kunstgeschichtler hat sich die documenta zur forscherischen Lebensaufgabe gemacht. Mit seiner Dissertation „documenta - Mythos und Wirklichkeit“ veröffentlichte er 1997 das Standardwerk der documenta Forschung schlechthin. In zahlreichen Publikationen und Ausstellungen lotete er die reichhaltige Geschichte des Welterfolgs documenta mit kritischer Distanz aus. Im Gespräch erinnert Harald Kimpel an das Vergessene und zeigt auf das Übersehene einer Geschichte, die noch vor uns liegt.
Episode 2
Mit Rudolf Zwirner
Mit Rudolf Zwirner berichtet ein Zeitzeuge von seinen persönlichen Erfahrungen. Die erste documenta besuchte er noch als Gast, an der zweiten wirkte er tatkräftig selbst mit. Als Generalsekretär arbeitete er damals Seite an Seite mit Arnold Bode und Werner Haftmann. In den folgenden Jahren entwickelte sich Zwirner zu einem bedeutenden Kunsthändler, der maßgeblich an der Gründung des Kölner Kunstmarktes beteiligt war und damit den Weg für die heutige Art Cologne ebnete. Rudolf Zwirner zählte zu den prägenden Figuren des Kunstfeldes der Bundesrepublik Deutschland.
Episode 3
Mit Franziska Leuthäußer
Franziska Leuthäußer war Projektleiterin des großangelegten Forschungsprojekts „Café Deutschland“ am Städel Museum in Frankfurt. In Gesprächen mit über 70 Personen der westdeutschen Kunstszene erkundete sie das Welt- und Selbstverständnis der Macher und Macherinnen der deutschen Kunstwelt nach 1945. Im Podcast erzählt sie, welchen Reim diese sich auf ihre Geschichte gemacht haben. Dabei wird die zeitliche Dimension der Reflexion über die kontaminierten Ursprünge der documenta deutlich. Franziska Leuthäußer begegnet in den Gesprächen den Generationen ihrer Eltern und Großeltern.
Episode 4
Mit Dorothea Schöne
Im Gespräch mit Dorothea Schöne weitet und vertieft sich der Blick auf die kontaminierten Ursprünge der documenta. Die Leiterin des Kunsthauses Dahlem hat über die Berliner Nachkriegsmoderne geforscht und die Netzwerke der Museumspolitik und des Kunsthandels unter alliierter Hoheit durchleuchtet. Dabei offenbart sich im Gespräch mit dem Bezug auf Amerika auch die transatlantische Dimension der Kasseler Kunstausstellung.
Episode 5
Mit Eckhart Gillen
Der Kunsthistoriker und Kurator ist Experte der Kunstverhältnisse des geteilten Deutschlands. In einflussreichen Ausstellungen wie „Deutschlandbilder – Kunst aus einem geteilten Land“ (1997/1998) oder „Das Kunstkombinat DDR. Zäsureneiner gescheiterten Kunstpolitik“ (2005) verdeutlichte er eine vielschichtige Verwicklung ohne Identifikation oder Anklage. Mit scharfem Blick wehrt sich Eckhart Gillen gegen vereinfachte Narrative und verdeutlicht im Gespräch die komplexe Gemengelage der documenta zwischen Ost und West.
Episode 6
Mit Claus Leggewie
Der in Gießen lehrende und mehrfach ausgezeichnete Politikwissenschaftler Claus Leggewie portraitierte in der Biografie „Von Schneider zu Schwerte“ einen spektakulären Fall des Verdrängens deutscher NS-Verstrickungen. Der SS- Hauptsturmführer Hans-Ernst Schneider machte nach dem Krieg unter dem neuen Namen Hans Schwerte Karriere als Germanist und wurde schließlich Rektor der RWTH Aachen. Was erzählt uns dieser Fall über Werner Haftmann? Und was erzählt uns die Aufarbeitung der NS-Verstrickungen im Feld der Literatur über die Aufarbeitung im Feld der bildenden Kunst?
Episode 7
Mit Heinz Bude und Ellen Blumenstein
Zuletzt haben sich Ellen Blumenstein und Heinz Bude darüber unterhalten, was sie aus den Gesprächen gelernt haben. So stach der Perspektivenwechsel der Generationen ins Auge: Wo der Babyboomer Kippenberger beim besten Willen kein Hakenkreuz erkennen konnte, sehen die Millennials in einen Abgrund von Vertuschung und Verleugnung. Aber sie erkennen in den documenta Ausstellungen auch Sozialisationsorte für ein jeweils neues Personal des Kunstsektors. Die Debatte über kontaminierte Ursprünge muss man im Übrigen heute im Zusammenhang mit Me-too und Black-Lives-Matter sehen. Der Kulturvertrag der Nachkriegszeit ist Geschichte.